Skip to main content

Pressemitteilung

Aktion „Gelbes Band“ erntet Kritik

Südpfalzer Naturschutzverein fordert durchdachte Konzepte für Streuobstwiesen statt oberflächlicher Aktionen

+++ Bad Bergzabern, 21.08.2024. Der Naturschutzverein Leben und Natur in der Südpfalz e. V. (kurz: LuNa) kritisiert die Initiative „Gelbes Band“, die mit dem Beginn der Erntezeit wieder landesweit startet. Die Aktion gegen Lebensmittelverschwendung soll für die Nutzung von Streuobstwiesen sensibilisieren, bedroht diese laut LuNa aber vielmehr. LuNa fordert das sofortige Einstellen der „gut gemeinten, aber nicht durchdachten“ Aktion.

Streuobstwiesen sind weit mehr als nur ein Ort, an dem Obstbäume stehen. Sie sind ein jahrhundertealtes Kulturgut und ein Lebensraum für zahlreiche Tier- und Pflanzenarten. „Statt die Bedeutung dieser wertvollen Kulturlandschaft zu betonen, reduziert die Aktion ‚Gelbes Band‘ sie auf die bloße Funktion als kostenfreier Obstlieferant“, berichtet Jörg Hagenbuch, Vorsitzender von Leben und Natur in der Südpfalz e. V.. Im Rahmen der Aktion dürfen mit einem gelben Band markierte Obstbäume von jedermann kostenlos beerntet werden. „Die Beerntung trägt weder effektiv zur Reduzierung von Lebensmittelverschwendung bei, noch fördert sie das Bewusstsein für Streuobstwiesen. Vielmehr schadet die Aktion der Kulturlandschaft und begünstigt deren Vernachlässigung, denn kein einziger Baum wird im Zuge der Aktion gepflegt oder vor dem Verfall gerettet“, so Hagenbuch weiter.

Der Naturschutzverein fordert daher keine weiteren Steuergelder für die Aktion “Gelbes Band” und die damit verbundene Bedrohung der Streuobstwiesen bereitzustellen. Stattdessen sollen sinnvolle und nachhaltige Maßnahmen zum Erhalt der Kulturlandschaft eingeleitet werden und die Akteure gestärkt werden, die deren Fortbestand durch angemessene Pflege und Vermarktung sichern. Ein Modell dafür entwickelte der Verein bereits vor fünfzehn Jahren: Mit dem regionalen Vertrieb einer Direktsaftschorle aus Streuobst finanziert LuNa die Pflege ihrer Wiesen.

Aktion “Gelbes Band” entwertet Streuobstwiesen

Die kostenfreie Vergabe des Obstes hingegen vermindert den heutzutage ohnehin geringen wirtschaftlichen Nutzen dieser Kulturlandschaft weiter und schwächt regionale Erzeuger. „Warum soll ich beim Hofladen Obst kaufen, wenn es nebenan kostenfrei verfügbar ist?“, führt Hagenbuch aus. „Für Eigentümer fehlt damit jeglicher Anreiz, ihre Streuobstwiesen zu pflegen.“ Regelmäßige Mahd, Baumschnitt, Wässern, Pflanzarbeiten – die Bewirtschaftung ist aufwändig, jedoch notwendig, um die Artenvielfalt und somit den ökologischen Wert der Streuobstwiese zu bewahren. Die Vernachlässigung führt zwangsläufig zur schleichenden, aber stetigen Zerstörung.

Weiterhin kann die Vermittlung einer solchen Art von Gratiskultur zu unerlaubter Ernte nicht markierter Bäume oder anderer Kulturpflanzen, wie zum Beispiel Weintrauben, führen und für Erzeuger ernste wirtschaftliche Schäden anrichten. Darüber hinaus kann die unsachgemäße Ernte das Ökosystem beschädigen, wenn auch unwissentlich. So sind Verhaltensweisen wie das Befahren der Wiesen, das Abreißen von Ästen und Blattwerk, Trittschäden an den Wurzeln sowie das Zurücklassen von Müll keine Seltenheit. Hinzu kommt die CO2-Belastung bei Nutzung eines Autos für den Transport.

Die Initiative verfehlt ihr Ziel

Die Initiative “Gelbes Band” entstand mit dem Ziel, Lebensmittelverschwendung entgegenzuwirken. Nicht genutztes Streuobst ist jedoch keineswegs verschwendet. Im Gegenteil: Zahlreichen Tieren, Insekten und Mikroorganismen dient es als Nahrungsquelle und Wintervorrat. Die verbleibenden Reste verrotten und bereichern die Streuobstwiesen als erstklassiger Gründünger. Somit verfehlt die Aktion ihr Ziel. Der Fokus sollte laut LuNa darauf liegen, Obst und andere Nahrungsmittel vor dem wertlosen Aus in der Tonne zu schützen.